Einführung zum Thema Parapsychologie
 


Parapsychologe bei der EEG-Messung eines Yogis in Indien






 

 

 


J.B.Rhine, der Großvater der wissenschaftlichen Parapsychologie (ca. 1960)


 

 







Historisches Gemälde einer Vision in Todesnähe

Folgt man dem Freiburger Psychologen Eberhard Bauer, so umfaßt die Parapsychologie in ihrem Zentrum:
-- Untersuchungen zur Erforschung ungewöhnlicher («anomaler») Kommunikations- und Aktionsformen der menschlichen Psyche, die üblicherweise als «außersinnliche Wahrnehmung» oder als «Psychokinese» bezeichnet werden. Darunter fallen die Sammlung, Nachprüfung und Analyse einschlägiger Berichte wie auch Versuche zu ihrer experimentellen Verifikation im Labor. Das dabei gewonnene Material wird vorläufig kategorisiert als (Telepathie, Hellsehen, Präkognition und Prophetie, Retrokognition, Fernwahrnehmung (remote viewing)).
-- Untersuchungen zu veränderten Bewußtseinszuständen (hypnotische Trance, Träume, Persönlichkeitsdissoziation, außerkörperliche Erfahrungen (out-of-body experiences), Erlebnisse in Todesnähe (near-death experiences) einschließlich der paranormalen Effekte, die mitunter mit solchen Zuständen verknüpft zu sein scheinen).
-- Untersuchungen zum Problem «paragnostischer» oder medialer Aussagen (parapsychische Sensibilität oder Medialität, automatisches Schreiben und andere psychischen Automatismen).
-- Untersuchungen zum Problem eines Überlebens nach dem Tod (Survival-Hypothese) einschließlich der «Evidenzklassen», auf die sich der Spiritismus stützt («Channeling», «Wiedergeburtserinnerungen» oder Verhaltensreminiszenzen an «frühere Leben» (Reinkarnation), das Sprechen nichtgelernter fremder Sprachen (Xenoglossie).
-- Untersuchungen zu historischen, sozialen und psychologischen Aspekten der oben genannten Phänomene; auch im interkulturellen Vergleich.
-- Die Entwicklung theoretischer Ansätze zum Verständnis solcher Phänomene.
Vor der Etablierung eines Wissenschaftszweiges zur systematischen Erforschung um die Jahrhundertwende wurden diese Phänomene nur in sogenannte "okkultgläubigen" Zirkeln überhaupt ernstgenommen, aber aus dem Bereich der wissenschaftlichen Naturforschung herausgedrängt.
Obgleich sich die betreffenden Phänomene anscheinend nur äußerst schwer unter Laboratoriumsbedingungen "erzeugen" und untersuchen lassen, darf doch aufgrund der in die Zehntausende gehenden Berichte über ihr spontanes und unvorhersehbares Auftreten ihre Existenz als relativ evident angesehen werden. Besonders interessant erscheint, daß die Parapsychologie auf einen Bereich zugreift, der einen "neuralgischen" Punkt weltanschaulich-philosophischer Kontroversen ausmacht. So lautete etwa das Fragen der "Okkultisten" (=frühe wissenschaftliche Erforscher und Glaubensanhänger dieser Phänomene) des letzten Jahrhunderts sinngemäß: Ist das Universum ausschließlich durch die Gesetze der Materie bestimmt und somit das Leben nur ein Mechanismus oder ist dort Raum für "Geist" und "freien Willen"?
Im Rahmen der naturwissenschaftlich gesteuerten Industrialisierung des letzten Jahrhunderts gewannen materialistische Anschauungen klar das Übergewicht. Zugleich drohte die Religion durch den Erkenntnisweg der Wissenschaft verdrängt zu werden. Damals gab es selbstverständlich auch Bestrebungen, den überwältigenden Einfluß der materialistischen Weltanschauung aufzuhalten bzw. wieder zurückzudrängen. So versuchte man auch durch den Nachweis von Phänomenen, die gegen materialistische Erklärungen verstoßen bzw. über sie hinauszugehen scheinen, dem Geist des Menschen als einem über die materielle Welt erhabenen Wesen seinen verlorengehenden Stand zurückzugeben. Diese Zielsetzung findet sich noch in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts in dem "Rhine'schen Paradigma" des bekannten Parapsychologen J. B. Rhine. Dieses definiert als wichtigste Aufgabe der Parapsychologie, "den Physikalismus mit physikalischen Mitteln zu widerlegen" (etwa durch den experimentellen Nachweis der Möglichkeit seelischer Beeinflussung von materiellen Vorgängen; sogenannte "Psychokinese"). Auch unter den Philosophen gab es anscheinend während aller Zeitalter ein - je nach weltanschaulicher Ausrichtung - gespaltenes Verhältnis zur Annahme derartiger Phänomene: von selbstverständlicher Zustimmung (etwa bei Immanuel Kant, Henri Bergson, Arthur Schopenhauer u.a.) bis zu krasser Ablehnung und Diskreditierung (Newton, La Mettrie u.a.). Demnach läge es nahe, daß sich einmal ein Philosophiehistoriker mit diesem Thema auseinandersetzen würde; doch das ist bisher nicht wirklich geschehen.
Heutzutage fällt in das Forschungsgebiet Parapsychologie nicht mehr nur die Ausforschung der quasi "klassischen" Phänomene, sondern auch Randgebiete anderer Wissenschaftszweige wie der Bewußtseinsforschung (Nah-Tod-Erfahrungen, mystische Erlebnisse, visionäre Erlebnisweisen usw.), der Philosophie und Physik (Implikationen moderner physikalischer Theoreme für und wider die Annahme solcher Erscheinungen), der (Neuro-)Physiologie (physiologische Parameter und Korrelate solcher Erlebnisse). Die wissenschaftliche Stellung derartiger Forschungen erscheint heute weniger problematisch und ist teils schlicht anerkannt. Entsprechende Forschungen konzentrieren sich heute - neben einer genauen Charakterisierung der Erscheinungen - vor allem auf den Versuch, zumindest einige Variablen für deren Auftreten wissenschaftlich einzugrenzen und beschreibbar zu machen.
Der Großteil des bisher dazu beigebrachten Materials ist nicht in Büchern, sondern in Fachzeitschriften und Kongreßberichten publiziert worden. Auch nachdem die Parapsychologie in die renommierte "American Association for the Advancement of Science (AAAS)" als legitimer Forschungsbereich aufgenommen wurde, muß ein großer Teil ihrer Forschungen noch immer privat finanziert werden. Außerdem ist durch die "Ausgren-zungspolitik" etablierter Forschungsinstitutionen ihr wissenschaftlicher Status immer noch in Frage gestellt.
Diese grundsätzliche Infragestellung scheint der Parapsychologie jedoch mehr aus wissenschaftlichen Gremien, als vom einzelnen Wissenschaftler aus entgegenzuschlagen. So ergab eine Umfrage der bekannten Wissenschaftszeitschrift "New Scientist" (1973) bei 1500 Wissenschaftlern, daß 67 % der Befragten das Vorhandensein von außersinnlicher Wahrnehmung annehmen und sogar 88 % diesen Bereich für ein legitimes Gebiet wissenschaftlicher Forschung halten.
Es soll hier nicht verschwiegen werden, daß ein geringer, aber nicht unwesentlicher Teil positiver Ergebnissen bei parapsychologischen Studien, wenn nicht durch Betrug, so doch wenigstens durch fragwürdige Selektion und statistischen Weiterverarbeitung der (zum Beispiel Verschweigen von Negativ-Resultaten) zustande gekommen ist. Der Nachweis solcher Manipulationen hat dem gesamten Forschungszweig enormen Schaden zugefügt und muß bei einem weltanschaulich so hochsensiblen Gebiet besonders gerügt werden. Nichtsdestoweniger gibt es viele seriöse Forschungsbemühungen, die in einigen Bereichen schon wissenschaftlich beweiskräftiges Material hervorgebracht haben. Außerdem konnten einige Phänomene (wie etwa außerkörperliche Erfahrungen und Nah-Tod-Erfahrungen) durch das von Parapsychologen wachgehaltene Interesse erforscht und einer wissenschaftlichen Erklärung nähergebracht werden.
 

© Torsten Passie 2005
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